Auch während der Corona-Pandemie ist es erforderlich, dass die Genossenschaft einen Jahresabschluss für das letzte Geschäftsjahr erstellt. Durch die Einschränkungen, die derzeit einzuhalten sind, können die üblichen Abläufe nicht wie gewohnt eingehalten werden.
Verfahren ohne Corona
Normalerweise ist das folgende Verfahren einzuhalten:
- Innerhalb der ersten fünf Monate nach Schluss des Geschäftsjahres muss der Jahresabschluss vom Vorstand aufgestellt werden,
- unverzüglich nach der Aufstellung des Jahresabschlusses ist dieser an den Aufsichtsrat zu übermitteln,
- der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss zu prüfen und darüber einen Bericht zu fertigen,
- den Mitgliedern soll der Jahresabschluss und der Bericht des Aufsichtsrats eine Woche vor der General- / Vertreterversammlung zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden,
- die General- / Vertreterversammlung hat den Jahresabschluss innerhalb der ersten sechs Monate nach Schluss des Geschäftsjahres festzustellen und einen Beschluss über die Ergebnisverwendung zu fassen,
- anschließend zahlt die Genossenschaft (ggf. soweit die in der Satzung vorgesehen oder beschlossen worden ist):
- Verzinsungen auf die Geschäftsanteile,
- Gewinnausschüttungen,
- Steuern auf Verzinsungen und Gewinnausschüttungen und
- Auseinandersetzungsguthaben,
- die Genossenschaft gibt die Steuererklärung ab (innerhalb von sieben Monaten nach Schluss des Kalenderjahres),
- der Jahresabschluss ist innerhalb von zwölf Monaten beim Bundesanzeiger einzureichen (je nach Größe der Genossenschaft).
Durch die Corona-Pandemie ist nun einiges an diesem Verfahren so nicht mehr ohne Weiteres umzusetzen, da Präsenztreffen nicht möglich sind.
Erleichterungen in der Corona-Pandemie
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie hat daher einige Erleichterungen für Genossenschaften vorgesehen. Zum Jahresabschluss heißt es in der Gesetzssbegründung dazu:
Die Versäumung der Sechsmonatsfrist des § 48 Absatz 1 Satz 3 GenG hat keine Sanktionen zur Folge und die Fristeinhaltung kann auch nicht durch ein Zwangsgeld nach § 160 GenG erzwungen werden. Mangels Verschuldens des Vorstandes kann dies im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auch nicht dazu führen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung in Zweifel gezogen werden könnte.
Was bedeutet das nun konkret für die Aufstellung des Jahresabschlusses? Richtig ist, dass es keine „staatliche“ Sanktion gibt, wenn der Jahresabschluss nicht innerhalb der ersten fünf Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres aufgestellt ist und nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres festgestellt worden ist. Dennoch gibt es eine Reihe von anderen Gesichtspunkten. So kann die Genossenschaft:
- mit der Abgabe der Steuererklärung in Verzug kommen,
- mit der Zahlung von Dividenden und Zinszahlungen in Verzug kommen und
- mit der Zahlung von Auseinandersetzungsguthaben in Verzug kommen oder
- die Frist zur Offenlegung / Hinterlegung des Jahresabschlusses versäumen.
Wer mit einer Pflicht in Verzug kommt, der muss damit rechnen, dass er deswegen (Verzugs-) Zinsen oder Verspätungszuschläge zahlen muss. Für die steuerlichen Verzugsfolgen gibt es wegen der Corona-Situation Erleichterungen, aus unserer Sicht sind hier derzeit keine Folgen zu befürchten. Die Frist zur Offenlegung / Hinterlegung des Jahresabschlusses ist nicht verlängert worden, ggf. wird das Bundesamt der Justiz, welches für die Überwachung zuständig ist, bei der Verfolgung der Verstöße für 2019 großzügig reagieren, dies kann aber nicht garantiert werden.
Bei den anderen Zahlungspflichten (Verzinsung, Dividenden und Auseinandersetzungsguthaben) ist das dagegen anders. Grundsätzlich setzt die Zahlung von Verzugszinsen ein Verschulden voraus. In der oben zitierten Gesetzesbegründung wird darauf hingewiesen, dass „mangels Verschulden“ der Vorstand keine Folgen zu erwarten hat, dennoch könnte im Einzelfall ein Verschulden angenommen werden, wenn zwar der „normale“ Ablauf wegen der Corona-Einschränkungen nicht eingehalten werden kann, aber die Erleichterungen, die durch das Sondergesetz eingeräumt worden sind, nicht wahrgenommen worden sind.
Zu diesen Erleichterungen zählen:
- der Jahresabschluss kann durch den Aufsichtsrat festgestellt werden,
- der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats eine Abschlagszahlung auf Verzinsungen / Gewinnausschüttung / Auseinandersetzungsguthaben zahlen,
- die General- / Vertreterversammlung kann schriftliche oder elektronische Beschlüsse fassen.
Zu der schriftlichen / elektronischen Beschlussfassung haben wir bereits umfangreiche Hinweise gegeben.
Einleitung von ordnungsgeldverfahren
Das Bundesamt für Justiz hat am 15.12.2020 eine Sanktionsaussetzung für die verspätete Offenlegung des Jahresabschlusses 2019 auf seiner Internetseite verkündet. Gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2019 am 31.12.2020 endet, werden vor dem 1.3.2021 keine Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB eingeleitet. Die Offenlegungsfrist von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag wird vom Gesetzgeber zwar nicht verlängert, die Justiz wird allerdings die Einhaltung der Frist bis zum genannten Zeitpunkt nicht sanktionieren. Bitte beachten Sie, dass lediglich eine Sanktionsaussetzung angesichts der Pandemie angekündigt wurde. Die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses 2019 besteht weiterhin.
Internetseite des Bundesamt für Justiz
OFFENLEGUNGSPFLICHT
Kleine Genossenschaften und Kleinstgenossenschaften brauchen nicht auf den Ergebnisverwendungsbeschluss durch die Generalversammlung zu warten. Aufgrund der Erleichterungsvorschrift des § 288 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Beschluss nicht zu veröffentlichen. Es reicht somit der vom Aufsichtsrat festgestellte Jahresabschluss. Bei größeren Genossenschaften, also solchen die mindestens als „mittelgroße“ Genossenschaften im Sinne des HGB gelten, kann der Verwendungsbeschluss nachgereicht werden (§ 325 Abs. 1b HGB), so dass auch hier einer Veröffentlichung des durch den Aufsichtsrat festgestellten Jahresabschlusses nichts entgegensteht.
Mittelgroße Genossenschaften im Sinne des Handelsrechts sind nach § 267 Abs. 2 HGB solche, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmale überschreiten
1. 6 Mio. Euro Bilanzsumme,
2. 12 Mio. Euro Umsatzerlöse und
3. im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer.
Empfehlung des ZdK
Unsere Empfehlung ist, dass Sie die vom Gesetzgeber geschaffenen Erleichterungen in Anspruch nehmen, um zu verhindern, dass es negative Folgen für die Genossenschaft gibt.
Wenn Sie von der Abschlagszahlung auf Dividenden / Gewinne / Auseinandersetzungsguthaben etc. Gebrauch machen möchten, dann beachten Sie bitte folgende Hinweise:
Der Aufsichtsrat kann „nur“ die Feststellung beschließen, nicht jedoch die Ergebnisverwendung. Das bleibt der Generalversammlung vorbehalten. Allerdings gibt es die Möglichkeit einen Vorschuss auf die Ausschüttungen zu zahlen, wenn Vorstand und Aufsichtsrat dies beschließen:
Der Vorstand einer Genossenschaft kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats nach pflichtgemäßem Ermessen eine Abschlagszahlung auf eine zu erwartende Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens eines ausgeschiedenen Mitgliedes oder eine an ein Mitglied zu erwartende Dividendenzahlung leisten; § 59 Absatz 2 des Aktiengesetzes gilt entsprechend.
(Art. 2 § 3 Abs. 4 GesRuaCOVBekG)
Das Aktienrecht wiederum regelt folgendes:
Der Vorstand darf einen Abschlag nur zahlen, wenn ein vorläufiger Abschluss für das vergangene Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss ergibt. Als Abschlag darf höchstens die Hälfte des Betrags gezahlt werden, der von dem Jahresüberschuss nach Abzug der Beträge verbleibt, die nach Gesetz oder Satzung in Gewinnrücklagen einzustellen sind. Außerdem darf der Abschlag nicht die Hälfte des vorjährigen Bilanzgewinns übersteigen.
Das bedeutet für die Genossenschaft:
- der vom Aufsichtsrat festgestellte Jahresabschluss muss einen Jahresüberschuss enthalten (auch keine Verlustvorträge mehr),
- zunächst wird die gesetzliche Rücklage abgezogen,
- von dem dann verbleibenden Jahresüberschuss darf die Hälfte als Abschlag an die Mitglieder ausgeschüttet werden, wenn (!)
- dieser Betrag nicht höher ist als die 50% des Jahresüberschusses (nach Abzug der gesetzlichen Rücklage) des Vorjahres.
Für weitere Fragen stehen wir unseren Mitgliedern gerne zur Verfügung.
Stand 15. Februar 2021; 15:00 Uhr