Der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften fordert eine Anpassung der Schwellenwerte in § 53 Abs. 2 Genossenschaftsgesetz – entsprechend zu der Anpassung der Erhöhung der Schwellenwerte bei der Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften.
Hintergrund
Am 22.12.2023 wurde der ZdK gebeten, zu der geplanten Erhöhung der Schwellenwerte bei der Prüfung der Kapitalgesellschaften Stellung zu nehmen. Geplant ist die Anhebung der Schwellenwerte in § 267 HGB um 25%.
Die Anhebung der Schwellenwerte wird für die begünstigten, vielfach kleinen Unternehmen mit einer Neueinstufung in eine niedrigere Größenklasse und damit einer Reduzierung von Berichtspflichten einhergehen. Für die begünstigten Unternehmen wird dies eine signifikante Entlastung von bürokratischemAufwand sowie erhebliche Kostensenkungen bedeuten.
Bundesministerium der Justiz, Verbändeanhörung vom 22.12.2023
Der Entwurf sah allerdings nur eine unvollständige Entlastung der Genossenschaften vor. Der ZdK forderte daher, dass die Genossenschaften vollständig von der Entlastung profitieren sollen.
Stellungnahme des ZdK
Wir begrüßen den Reformvorschlag ausdrücklich und würden zusätzlich eine Folgeänderung im Genossenschaftsgesetz anregen, damit die geplanten Entlastungen sich auch voll auf die Genossenschaften auswirken.
Genossenschaften gelten als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuchs (§ 17 Abs. 2 GenG) und sind daher auch dazu verpflichtet, einen Jahresabschluss nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches aufzustellen. Die Erleichterungen hinsichtlich der Darstellungstiefe und der erforderlichen (zusätzlichen) Unterlagen / Darstellungen, die sich für Kleinstkapitalgesellschaften oder kleine Kapitalgesellschaften aus den §§ 267, 267a HGB ergeben, gelten nach § 336 Absatz 2 HGB unmittelbar und sofort auch für Genossenschaften.
Die Einstufung in die Größenklassen hat bei den Kapitalgesellschaften auch eine Auswirkung auf die Frage der Abschlussprüfung. Diese ist bei diesen nach § 316 Abs. 1 HGB erst dann erforderlich, wenn es sich um eine mittelgroße Gesellschaft im Sinne von § 267 Abs. 2 HGB handelt.
Bei der Genossenschaft ist das anders, daher regen wir an, im Gesetzesentwurf noch eine Ergänzung zu machen, damit auch Genossenschaften von den geplanten Erleichterungen voll profitieren.
Die Prüfung der Genossenschaften ist in §§ 53, 53a GenG geregelt. Bis zur Genossenschaftsreform 2006 wurde der Jahresabschluss einer jeden Genossenschaft im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung vollständig geprüft. Um kleinere Genossenschaften zu entlasten, wurde das geändert. In der damaligen Gesetzesbegründung hieß es dazu:
Zur Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bedarf es bei kleinen Genossenschaften nicht der mit einem erheblichen Zeit- und damit Kostenaufwand verbundenen Jahresabschlussprüfung.“
(BT-Ds. 16/1025 S. 89 zu Nummer 54)
Auf Empfehlung des Rechtsausschusses (BT-Ds. 16/1524) wurden die Größenmerkmale für eine verpflichtende Jahresabschlussprüfung bei Genossenschaften in § 53 Abs. 2 GenG festgelegt auf
- 1 Mio. € Bilanzsumme und
- 2 Mio. € Umsatzerlöse.
Im Jahr 2017 wurde das Prüfungssystem für Kleinstgenossenschaften und kleine Genossenschaften überprüft und es gab weitere Änderungen.
Zum einen wurde mit § 53a GenG ein neues vereinfachtes Prüfungsverfahren eingeführt, das jede zweite Prüfung auf eine reine Unterlagenprüfung reduziert. Dabei wird, neben einigen genossenschaftlichen Besonderheiten, direkt auf die handelsrechtliche Einstufung als Kleinstgesellschaft (§ 336 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 276a HGB) verwiesen. Durch diesen direkten Querverweis werden Genossenschaften automatisch von der geplanten 25%igen Erhöhung der Größenmerkmale in § 267a Abs. 1 Satz 1 HGB profitieren.
Zum anderen wurden die Grenzen für die verpflichtende Jahresabschlussprüfung in § 53 Abs. 2 GenG angepasst. Die 2006 eingeführten Größenmerkmale wurden um 1/3 wie folgt erhöht:
- 1,5 Mio. € Bilanzsumme und
- 3 Mio. € Umsatzerlöse.
In der Begründung von 2017 wurde insbesondere Bezug genommen auf die Entwicklung der Kennzahlen im HGB:
Mit der Anhebung der Beträge bei den Größenmerkmalen in Absatz 2 Satz 1 für die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung wird einer Forderung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages im Rahmen der Beratung zur Genossenschaftsnovelle im Jahr 2006 entsprochen (Vgl. Bundestagsdrucksache 16/1524, S. 9). Eine Anhebung ist aber auch bereits deswegen geboten, weil die Größenmerkmale für kleine Kapitalgesellschaften, die nicht zur Jahresabschlussprüfung verpflichtet sind, durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 22. Juli 2015 (BGBl. I S. 1245) erheblich angehoben worden sind (auf 6 Millionen Euro Bilanzsumme und 12 Millionen Euro Umsatzerlöse), so dass derzeit die Größenmerkmale für die befreiten Genossenschaften nur ein Sechstel der Größenmerkmale für kleine Kapitalgesellschaften betragen. Bei Einführung der Befreiung betrugen die Größenmerkmale für die befreiten Genossenschaften etwa ein Viertel der damaligen Größenmerk- male für kleine Kapitalgesellschaften, auch die jetzt vorgeschlagene Anhebung entspricht damit einem Viertel der aktuellen Größenmerkmale für kleine Kapitalgesellschaften. Infolge der erstmaligen Befreiung kleinerer Genossenschaften von der Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung sind keine Probleme, wie etwa eine höhere Insolvenzquote bei Genossenschaften ohne Jahresabschlussprüfung bekannt geworden.“
(BT-Ds. 18/11506 S. 29f. zu Nummer 15)
Durch die geplante Änderung in § 267 Abs. 1 HGB würde sich das Verhältnis zu den befreiten Genossenschaften auf ein Fünftel verändern. Um den vom Bundestag vorgesehenen Umfang der befreiten Genossenschaften von einem Viertel der Größenmerkmale der Kapitalgesellschaften weiter einzuhalten, regen wir an, die Anpassung auch im Genossenschaftsgesetz vorzunehmen. Negative Auswirkungen durch die Anpassung der Größenmerkmale in 2017 sind uns nicht bekannt geworden. Insofern spricht aus unserer Sicht nichts gegen eine Anpassung.
Würde es nicht zu einer Anpassung kommen, dann würde sich der Abstand zwischen den Größenmerkmalen hinsichtlich der vereinfachten Prüfung (§ 53a GenG) zu der verpflichtenden Jahresabschlussprüfung (§ 53 Abs. 2 GenG) verkleinern. Statt wie bisher ca. 23% würden die Größenmerkmale 30% betragen. Wir schlagen daher vor, die Größenmerkmale in § 53 Abs. 2 GenG ebenfalls um 25% anzupassen. Gerundet auf volle Mio. € würden sich folgende Änderung ergeben:
Das Genossenschaftsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2230), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
§ 53 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe „1,5“ wird durch „2“ ersetzt.
b) Die Angabe „3“ wird durch „4“ ersetzt.Forderung des ZdK vom 04.01.2024
Gesetzgebungsverfahren
Leider hat die Bundesregierung diesen Vorschlag nicht in den Regierungsentwurf aufgenommen. Der ZdK wird diese Forderung weiter verfolgen und sich für eine Entlastung der Genossenschaften – entsprechend der Entlastung für Kapitalgesellschaften – einsetzen.
Weiterführende Informationen und Stellungnahmen finden Sie auf der Internetseite des BMJ: