Das Bundesministerium der Justiz hat am 28.7.2023 Eckpunkte für einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform veröffentlicht. Die Eckpunkte enthalten eine Reihe von Vorschlägen, die nun diskutiert werden sollen. Damit möchte das BMJ insbesondere eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag der Ampel umsetzen.
Die Eckpunkte enthalten drei Abschnitte, die wir nachfolgend vorstellen und eine erste Einschätzung dazu abgeben möchten:
1. Förderung der Digitalisierung bei Genossenschaften
Unter diesem Punkt sind eine Reihe von Vorschlägen aufgeführt, die die Arbeit der Genossenschaften erleichtern sollen, bzw. die eine Rechtssicherheit schaffen sollen:
- Digitaler Beitritt zur Genossenschaft
- Digitale Errichtung der Satzung
- Digitale Kündigung der Mitgliedschaft
- Digitale Formen von Sitzungen und Beschlussfassungen von Vorstand und Aufsichtsrat
- Klarstellung, dass auch Gründungsversammlungen in anderen Formen als der Präsenzversammlung stattfinden können
- Möglichkeit der gemeinsamen elektronischen Abstimmung bei hybriden Versammlungen, auch wenn für die Präsenzversammlung eine elektronische Abstimmung nicht vorgesehen ist
- Regelung zur Stärkung der Mitwirkung von Mitgliedern mittels digitaler Instrumente, insbesondere bei einer Vertreterversammlung und
- Klarstellungen im Umwandlungsgesetz
Wir begrüßen diese Vorhaben ausdrücklich. Damit wird die Ankündigung des Bundesministers der Justiz aufgegriffen, die er auf dem Jahresempfang von DGRV und GdW Anfang des Jahres gemacht hat. Sie entsprechen den Forderungen der Initiative #GenoDigital, der sich ZdK und eine ganze Reihe von Mitgliedsgenossenschaften angeschlossen haben. Besonders freut es uns, dass mit der vorgeschlagenen Lösung beim Beitritt per E-Mail ein Vorschlag aufgegriffen wird, den der ZdK bereits 2021 gemacht hat: Zur Debatte – Herausforderung der Digitalisierung für Genossenschaften.
Der ZdK wird prüfen, ob es neben den vorgeschlagenen Punkten noch weitere sinnvolle / mögliche Regelungen gibt, in denen die Digitalisierung umgesetzt werden könnte. Ein Beispiel dafür wär die Stimmrechtsvollmachten bei Generalversammlungen, die ebenfalls der Schriftform bedürfen, das ist bei virtuellen Formaten unter Umständen weiter hinderlich.
2. Steigerung der Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform
Unter dieser Überschrift sind folgende Eckpunkte vorgesehen:
- Einrichtung einer Datenbank über genossenschaftliche Prüfungsverbände
- Standardisierung von Gründungsgutachten
- Mögliche Beschleunigung der Förderzweckprüfung durch das Registergericht und
- Frist für Eintragungen im Genossenschaftsregister erwägen
Auch diese Regelungen sind im Grundsatz zu begrüßen. Die Hinweise zur Mitgliederförderung sind aus unserer Sicht sehr wichtig, weil dies den Kern der Genossenschaft darstellt. Ein richtiges Verständnis und eine richtige Anwendung dieses Begriffes sind daher wichtig für das Eintragungsverfahren. Nicht nur bei der Eintragung, sondern auch bei jeder Prüfung muss sich der genossenschaftliche Prüfungsverband damit auseinandersetzen. Mit der Definition der Mitgliederförderung haben wir uns auseinandergesetzt: Zur Debatte – Mitgliederförderung.
Eine Standardisierung des Gründungsprüfungsberichts ist aus unserer Sicht sinnvoll. Hier muss abgewogen werden zwischen dem Informationsbedürfnis des Registergerichts im Rahmen des Gründungsverfahren und den Interessen der neuen Genossenschaft über den Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse. Das gilt umso mehr, als dass das Gründungsprüfungsgutachten mittlerweile über das Unternehmensregister von jedermann heruntergeladen und eingesehen werden kann. Eine Beschleunigung des Eintragungsverfahren ist auf jeden Fall zu begrüßen.
3. Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften
Geplant sind hier insbesondere:
- Regelung bei Förderzweckverfehlung verbessern
- Ausweitung der Rechte und Pflichten des Prüfungsverbandes und
- Stärkung der Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände
Leider gibt es immer wieder Fälle, in denen die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft missbraucht wird. Nicht immer sind es spektakuläre Fälle, in denen es um Betrug und Insolvenz geht. Es geht auch um Fälle, in denen die Rechtsform missbraucht wird, mit dem (ausschließlichen) Ziel Steuern zu sparen. Nicht immer ist dies schon bei der Gründungsprüfung zu erkennen, deshalb ist es wichtig, dass es geeignete Mittel gibt, um den schwarzen Schafen das Handwerk zu legen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen insofern in die richtige Richtung – einerseits beinhalten sie Maßnahmen, die sich gegen die „unseriösen“ Genossenschaften richten und verpflichten andererseits die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die Prüfung (insbesondere) der Mitgliederförderung ordnungsgemäß durchzuführen.
Wenn die Vorschläge dazu vorlegen, werden wir diese besonders unter dem Gesichtspunkt der bürokratischen Belastung der „redlichen“ Genossenschaften prüfen. Denn – wie das BMJ richtig feststellt – es gibt nur wenige unseriöse Genossenschaften, die ganz große Mehrheit arbeitet ordnungsgemäß und sollte daher nicht über Gebühr zusätzlich belastet werden.