Der Bundestag hat am 10.6.2021 durch eine Änderung des Covid-19-Massnahmengesetzes für Rechtssicherheit bei virtuellen General- und Vertreterversammlungen gesorgt. Dies war notwendig geworden, weil durch den Beschluss des OLG Karlsruhe zu einem Verschmelzungsbeschluss einer Wohnungsgenossenschaft die Zulässigkeit solcher virtuellen Versammlungen angezweifelt wurde.
Das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) lautet in § 3 Absatz 1 in der neuen Fassung nun wie folgt:
Abweichend von § 43 Absatz 7 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes können Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist oder die Satzung keine Regelungen zu schriftlichen oder elektronischen Beschlussfassungen einschließlich zu virtuellen Versammlungen enthält; die elektronische Beschlussfassung schließt Beschlussfassungen in Gestalt von virtuellen Generalversammlungen ohne physische Präsenz der Mitglieder ein. Der Vorstand hat in diesem Fall dafür zu sorgen, dass der Niederschrift gemäß § 47 des Genossenschaftsgesetzes ein Verzeichnis der Mitglieder, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben, beigefügt ist. Bei jedem Mitglied, das an der Beschlussfassung, auch in Gestalt einer virtuellen Versammlung, mitgewirkt hat, ist die Art der Stimmabgabe zu vermerken. Die Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung kann unbeschadet der Regelungen in § 51 Absatz 1 und 2 des Genossenschaftsgesetzes nicht auf Verletzungen des Gesetzes oder der Mitgliederrechte gestützt werden, die auf technische Störungen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung nach Satz 1 zurückzuführen sind, es sei denn, der Genossenschaft ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Für Vertreterversammlungen im Sinne des § 43a des Genossenschaftsgesetzes gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend; insbesondere sind auch virtuelle Vertreterversammlungen ohne physische Präsenz der Vertreter ohne entsprechende Regelungen in der Satzung zulässig.
Diese Neufassung gilt rückwirkend seit dem 28. März 2020 – und damit für alle virtuellen General- oder Vertreterversammlungen, die seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie auf Grundlage des COVMG durchgeführt wurden.
In der Gesetzesbegründung wird ausführlich dazu Stellung genommen, dass eine virtuelle General- oder Vertreterversammlung unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie wegen des COVMG ohne Satzungsregelung und im Übrigen mit einer Satzungsregelung zulässig sind. Damit wird die Rechtsauffassung des ZdK, wie wir diese in einem Beitrag veröffentlicht haben, durch den Gesetzgeber bestätigt.
In der Begründung heißt es:
(…) Durch die Änderung in § 3 Absatz 1 Satz 1 GesRuaCOVBekG wird die Zulässigkeit rein virtueller Generalversammlungen einer Genossenschaft nochmals ausdrücklich im Gesetzeswortlaut klargestellt. Dies gilt auch für Vertreterversammlungen, was durch den neu angefügten Satz 5 ebenfalls nochmals ausdrücklich geregelt wird. Rein virtuelle General- oder Vertreterversammlungen einer Genossenschaft sind bereits nach bisheriger Rechtslage zulässig, dies wurde bereits in der Gesetzesbegründung zum GesRuaCOVBekG zu § 3 Absatz 1 ausgeführt (Bundestagsdrucksache 19/18110, S. 28). Durch die neu eingefügte Ergänzung wird nunmehr auch ausdrücklich im Gesetzeswortlaut klargestellt, dass bei einer Genossenschaft rein virtuelle General- oder Vertreterversammlungen zulässig sind, ohne dass es hierfür einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung bedarf.
Eine solche virtuelle Versammlung ist entgegen einigen in Teilen der Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansichten nach § 43 Absatz 7 des Genossenschaftsgesetzes bereits bisher zulässig, sofern die Satzung ein entsprechendes Regelwerk vorsieht, durch das sichergestellt ist, dass die Rechte aller Mitglieder gewahrt bleiben und die Ordnungsmäßigkeit der Stimmabgabe gewährleistet ist (Bundestagsdrucksache 16/1025). Auf diese Anforderungen einer Satzungsregelung kann nach § 3 Absatz 1 Satz 1 GesRuaCOVBekG verzichtet werden. Durch die weitere Ergänzung in Satz 1 am Ende wird zudem ausdrücklich klargestellt, dass es weder einer ausdrücklichen Satzungsregelung zur Zulässigkeit bedarf, noch dass es in der Satzung sonstiger weiterer Regelungen zu Beschlussfassungen oder Versammlungen in elektronischer oder virtueller Form bedarf, insbesondere auch nicht der normalerweise erforderlichen Satzungsregelungen zur Wahrung der Rechte aller Mitglieder und der Ordnungsmäßigkeit der Stimmabgabe bei elektronischen Stimmabgaben oder virtuellen Versammlungen. (…) Durch diese gesetzliche Klarstellung sollen insbesondere Rechtsunsicherheiten für die Praxis beseitigt werden, die sich aufgrund der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 26. März 2021, in der die Zulässigkeit einer virtuellen Generalversammlung auf Grundlage des § 3 Absatz 1 Satz 1 GesRuaCOVBekG abgelehnt wurde, möglicherweise ergeben könnten. (…)
Diese Änderungen wurden vorgenommen auf Grundlage des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe. Der Rechtsausschuss des Bundestages hat in seiner Beschlussempfehlung an den Bundestag diese Änderungen vorgenommen. Der Text der Änderungen und die Begründungen befinden sich in der Bundestags-Drucksache 19/30516.
Wenn Sie während der Covid-19-Pandemie von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen möchten, dann finden Sie auf unserer Internetseite dazu Hinweise. Unsere Mitgliedsgenossenschaften unterstützen wir gerne bei der Änderung der Satzung, wenn es den Wunsch gibt auch dauerhaft von virtuellen Beschlussfassungen Gebrauch zu machen.