„Der Mieterstrom kommt.“ Die Ankündigung der Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries weckte Hoffnungen auf eine weitere Möglichkeit der Bürgerteilhabe an der Energiewende. Wir berichteten.
Nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Taten folgen lassen und einen Referentenentwurf für das „Gesetz zur Förderung von Mieterstrom“ vorgelegt, durch das insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden soll.
Der Referentenentwurf
Immobilieneigentümer können von Solarstrom vom Hausdach profitieren und die Energiewende selbst mitgestalten. Mietern steht diese Möglichkeit bislang nicht im gleichen Ausmaß zur Verfügung, da ein entsprechendes Angebot an diese für die Anlagenbetreiber nur in Einzelfällen wirtschaftlich ist. Gleichzeitig liegt Deutschland erneut hinter dem in § 4 Nr. 3 EEG 2017 zur Erreichung der Energieziele festgelegten Ausbaupfad für Solarenergie zurück.
Das Gesetz soll nun durch eine Förderung von Mieterstrom aus Solaranlagen den Ausbau der Solarenergie auf Wohngebäuden vorantreiben. Solarstrom soll künftig auch dann gefördert werden, wenn er ohne Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung direkt an Letztverbraucher in dem Wohngebäude mit der Solaranlage geliefert und von dem Mieter verbraucht wird. Wie bei der Einspeisung ins Netz soll die Förderung pro Kilowattstunde erfolgen. Da der Solaranlagenbetreiber neben der EEG-Vergütung auch den Erlös des Verkaufs des Stroms an die Mieter erhält, sollen von der Vergütung im Vergleich zur Einspeisevergütung für ins Netz eingespeisten Strom 8,5 Cent je Kilowattstunde abgezogen werden.
Die Mieterstromförderung soll in das bestehende System des sogenannten atmenden Deckels einbezogen werden. Als atmender Deckel wird ein flexibler Automatismus bezeichnet, nach dem die Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen entsprechend dem Zubau allmählich abgesenkt wird. Hierdurch soll der Ausbau der Photovoltaik im vom Gesetzgeber vorgesehenen Zubaukorridor gehalten werden. Dieser soll garantieren, dass die weitere Entwicklung der Photovoltaik in geregelten Bahnen verläuft.
Die Pflicht zur Zahlung der EEG- Umlage für diese Stromlieferung an den Letztverbraucher soll in voller Höhe erhalten bleiben.
Mieter sollen umfassend geschützt werden: Mietvertrag und Mieterstromvertrag sollen zwei getrennte Verträge sein, letzterer soll für nicht länger als ein Jahr geschlossen werden dürfen. Überdies sollen die Mieter ein Wahlrecht haben, ob sie Mieterstrom beziehen wollen.
Folgeänderungen im Gewerbesteuer- und im Körperschaftsteuerrecht werden in der Entwurfsbegründung in Aussicht gestellt, nicht jedoch in den Entwurf selbst übernommen.
Den Referentenentwurf (Stand: 17.03.2017) finden Sie hier.
Stellungnahme des BBEn u.a.
Das Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn) hat mit elf weiteren EE-Organisationen (unter anderem mit der HEG Heidelberger EnergieGenossenschaft eG) eine gemeinsame Stellungnahme zu dem Referentenentwurf abgegeben.
Die Unterzeichner treten für eine Abschaffung der EEG-Umlage ein. Deshalb wird an dem vorgelegten Entwurf insbesondere kritisiert, dass in diesem nicht von der per Verordnungsermächtigung eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, die EEG-Umlage für Mieterstrommodelle zumindest zu reduzieren. Stattdessen sei ein unnötig kompliziertes Fördersystem aufgestellt worden. Beate Petersen (Aufsichtsratsmitglied des Bündnis Bürgerenergie e.V., Sprecherin des Rats für Bürgerenergie) findet klare Worte: „Wenn wir die Energiewende als generationenübergreifendes Gemeinschaftswerk und Konsumenten zu Prosumenten entwickeln wollen, ist die Minderung bzw. der Entfall der EEG-Umlage die bessere Wahl als weiterer Förderdschungel. Das EEG war kurz, klar und übersichtlich. Durch diverse Novellen wurde es zum bürokratischen Dickicht verunstaltet.“ Als Kompromiss regt das Bündnis ein Wahlrecht zwischen Förderung und EEG-Umlagen-Minderung an.
Unter anderem wird zudem für eine Beibehaltung des Summenzählermodells und eine Ausweitung des räumlichen Anwendungsbereichs auch auf benachbarte Gebäude plädiert. Überdies wird empfohlen, die in einem früheren Stadium des Entwurfs noch konkludierten steuerlichen Vorschriften (Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz) wieder aufzunehmen.
Die gemeinsame Stellungnahme des BBEn u.a. finden Sie hier.
Stellungnahme des DGRV
Auch der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV) hat eine Stellungnahme zu dem Referentenentwurf veröffentlicht.
Der DGRV steht dem Referentenentwurf grundsätzlich positiv gegenüber. Durch die Mitgliederversorgung mit Strom aus der eigenen Solaranlage entstehe schließlich eine genossenschaftliche Leistungsbeziehung im Sinne des § 1 Genossenschaftsgesetz. Die Belieferung von mehreren Mietern bzw. Genossenschaftsmitgliedern sei in der Vergangenheit wirtschaftlich jedoch kaum möglich gewesen. Deshalb seien der Referentenentwurf und die in diesem vorgesehene Förderung von Mieterstrom und Mitgliederversorgung ausdrücklich zu begrüßen.
Bezüglich konkreter Regelungen macht auch der DGRV einen Nachbesserungsbedarf aus. Auch der DGRV setzt sich unter anderem für eine Ausweitung des räumlichen Anwendungsbereichs (Quartierslösungen), das bewährte Summenzählermodell und Änderungen im Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuergesetz ein. Überdies seien die genossenschaftlichen Prüfungsverbände in den Katalog der EEG-Prüfer (bislang: Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften) aufzunehmen.
Die Stellungnahme des DGRV finden Sie hier.
Fazit
Die Förderung des Mieterstroms stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar. Auch der ZdK begrüßt den Referentenentwurf deshalb grundsätzlich. In Einzelfragen wird der Entwurf gleichwohl noch als überarbeitungsbedürftig betrachtet. Dies gilt insbesondere für lediglich als Folgeänderungen angekündigte steuerliche Erleichterungen. Einnahmen aus der Lieferung von Mieterstrom dürfen nicht zur Aufhebung von im Übrigen bestehenden Steuerbefreiungen für Vermietungsgenossenschaften führen. Das BMWi hat insoweit einen Bedarf erkannt:
„Um zu verhindern, dass Vermieter aus steuerlichen Gründen von der Lieferung von Mieterstrom Abstand nehmen, wird im Gewerbesteuergesetz eine Regelung getroffen, wonach die Lieferung von Mieterstrom unschädlich für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist, wenn nicht mehr als 20 Prozent des Gewerbeertrags des Vermieters aus der Lieferung von Mieterstrom resultieren. Die Regelung lehnt sich an die bestehende Steuerbefreiungsregelung im Körperschaftsteuergesetz für Wohnungsgenossenschaften und – vereine an, wobei für diese ebenfalls zusätzliche Regelungen bezogen auf die Lieferung von Mieterstrom getroffen werden.“
Diesen Bedarf gilt es nun unmittelbar und nicht erst im Nachgang zu decken. Konkrete Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes sind in die nächste Entwurfsfassung aufzunehmen.
Foto: RainerSturm / pixelio.de