Die Bundesregierung hat am 7.2.2017 den Entwurf für ein „Gesetz zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ beschlossen. Kern dieses Gesetzes sind zwei wesentliche Bestandteile:
- die Reform des wirtschaftlichen Vereins und
- Änderungen im Genossenschaftsgesetz.
Der ZdK begrüßt den Gesetzentwurf, sieht aber in einigen Punkten noch einen Bedarf an Veränderungen, insbesondere, um kleine Genossenschaften stärker zu entlasten.
Die Stellungnahme des ZdK kann hier eingesehen werden:
1. Wirtschaftlicher Verein
Die Öffnung des wirtschaftlichen Vereins begrüßen wir im Grundsatz. Der ZdK setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass für das kleine gemeinschaftliche Wirtschaften eine unbürokratische Möglichkeit geschaffen wird. Ein Vorschlag des Bundesministeriums der Justiz aus dem März 2013 zur Einführung einer „Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt)“ wurde nicht umgesetzt. In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD Ende 2013 wurde vereinbart, dass für die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement eine geeignete Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht zur Verfügung gestellt wird. Die vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie über „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“ kam im Juni 2015 (u.a.) zu dem Ergebnis, dass ein Bedarf an einer Rechtsform für das kleine gemeinschaftliche Wirtschaften besteht. Nachdem sich die CDU / CSU – Bundestagsfraktion im März 2016 gegen eine Lösung im Genossenschaftsrecht ausgesprochen hatte, hat sich der ZdK intensiv mit einer Lösung im Vereinsrecht beschäftigt und im Mai 2016 einen Kompromissvorschlag erarbeitet.
Die Lösung, die der Entwurf nunmehr vorsieht, unterscheidet sich zwar vom Vorschlag des ZdK, wird aber mitgetragen, da sie über eine Rechtsverordnung des Justizministers auch die gewünschte „geeignete“ Alternative bieten kann.
Aus diesem Grund unterstützt der ZdK diesen Vorschlag.
2. Änderungen im Genossenschaftsrecht
Den Ansatz, das Genossenschaftsgesetz zu entbürokratisieren, unterstützt der ZdK ausdrücklich. Einige der Vorschläge bedürfen jedoch noch der Überarbeitung.
Einladung zur Generalversammlung im Internet
Der ZdK lehnt die Einladung über die Internetseite der Genossenschaft ab. Wenn es Genossenschaften erlaubt wäre, nur über diesen Weg rechtswirksam zu einer Generalversammlung einzuladen, dann müssten die Mitglieder spätestens alle 14 Tage die Internetseite der Genossenschaft besuchen, um nach einer entsprechenden Einladung zu sehen. Vor dem Hintergrund des Mitgliederschutzes ist eine solche Regelung abzulehnen. Den Genossenschaften steht mit der Einladung per E-Mail eine unbürokratische und kostengünstige Alternative zur Verfügung.
Mitgliederdarlehen
Der ZdK begrüßt, dass das „zweckgebundene“ Darlehen nun gesetzlich geregelt wird. Auch dieser Punkt beschäftigt den ZdK schon über einen längeren Zeitraum. Schon im Jahr 2008 hat der ZdK auf die Probleme bei der Finanzierung von Genossenschaften durch Mitgliederdarlehen aufmerksam gemacht. Der ZdK sieht allerdings noch zwei Probleme:
a) Die Regelung lässt offen, wie genau ein „zweckgebundenes Darlehen“ ausgestaltet werden soll (Wie soll die Zweckbindung sicher gestellt werden, soll das Darlehen „zweckbefristet“ gegeben werden?). Hier besteht ein Bedarf an Nachbesserung.
b) Die Ausgestaltung des Mitgliederdarlehens ist zu stark reguliert. Es ist strengeren Regelungen unterworfen als die „Nachrangdarlehen“ von Mitgliedern nach dem Vermögensanlagengesetz, obwohl diese aus Sicht der Mitglieder sogar sicherer sind, da sie nicht mit einem „qualifizierten Nachrang“ abgeschlossen werden müssen.
Mitgliederliste
Der ZdK spricht sich dem Grunde nach dafür aus, dass die Genossenschaften in ihrer Satzung zusätzliche Regelungen zu den Inhalten der Mitgliederliste einführen können. Gefordert wird allerdings eine Klarstellung, dass die bisherigen Angaben nicht gestrichen werden können (Name, Anschrift, Zahl der Anteile). Diese Pflichtangaben sind auch weiterhin erforderlich und dürfen nicht gestrichen werden.
Jahresabschlussprüfung
Der ZdK spricht sich für eine Erhöhung der Schwellenwerte für eine vollständige Prüfung des Jahresabschlusses in § 53 Abs. 2 GenG aus. Kleine Genossenschaften werden hier im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften wesentlich schlechter behandelt, weil die Schwellenwerte derzeit sechs Mal höher sind als bei der Genossenschaft.
Bereits bei der Einführung der Regelung 2006 hat sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages für eine schrittweise Angleichung der Schwellenwerte im Genossenschaftsrecht an die des Handelsrechts ausgesprochen.
Mit einer Anhebung der Schwellenwerte wird die Prüfung nicht abgeschafft, da die Genossenschaften nach § 53 Abs. 1 GenG weiterhin regelmäßig geprüft werden müssen. Die Genossenschaften können nach Berechnung des BMJV um ca. 20% der Prüfungskosten entlastet werden, das macht bei kleinen Genossenschaften schon einen wesentlichen Betrag aus.
Ein Schaden für die Mitglieder und den Rechtsverkehr wird nicht befürchtet. Die Insolvenzquote der Genossenschaften ist in den Jahren seit 2006 nicht gestiegen. Das zeigt, dass die Prüfung ohne eine vollständige Jahresabschlussprüfung den Genossenschaften ausreichende Stabilität bringt.
Der ZdK fordert hier eine angemessene Regulierung, die die unterschiedlichen Größen von Genossenschaften stärker berücksichtigt.
Weitergabe von Informationen an die BaFin
Der Entwurf sieht vor, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände berechtigt werden sollen, an die BaFin Auszüge aus dem Prüfungsbericht weiterzuleiten, wenn sich nach Ansicht des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes „Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die geprüfte Genossenschaft keinen zulässigen Förderzweck verfolgt, sondern ihr Vermögen gemäß einer festgelegten Anlagestrategie investiert“. Das würde nach Ansicht des ZdK das für eine umfassende Betreuungsprüfung erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Genossenschaft und Prüfungsverband beeinträchtigen. Fraglich ist darüber hinaus, warum diese Aufhebung der Verschwiegenheit nur bei Genossenschaften gelten soll, auch Unternehmen in anderer Rechtsform können gegen die Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs verstoßen (und werden, wenn sie mindestens mittelgroße Gesellschaften im Sinne des Handelsrechts sind, ebenfalls – wenn auch anders – geprüft).
Ein Schutz von „schwarzen Schafen“ soll mit der Forderung nicht verbunden sein – die BaFin hat genügend Instrumente, um auf Verstöße aufmerksam zu werden.
3. Weitere Vorschläge
Über die Änderungsvorschläge hinaus macht der ZdK weitere Vorschläge, um die Genossenschaften zu entlasten.
Gründungsprüfungsgutachten
Der ZdK spricht sich dafür aus, dass das Gründungsprüfungsgutachten, das im Rahmen der Neugründung erstellt werden muss, nicht komplett beim Genossenschaftsregister eingereicht werden muss. Der Arbeitsaufwand bei den Notaren und Gerichten könnte so verringert werden, darüber hinaus beschäftigt sich das Gutachten mit den Organmitgliedern und dem Gründungskonzept – es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Informationen in einem öffentlich zugänglichen Register hinterlegt werden sollen.
Beschluss über Kreditbeschränkungen
Seit der Einführung des Genossenschaftsgesetzes 1889 muss die Generalversammlung über „Kreditbeschränkungen“ beschließen. Diese Beschränkungen stellen den Rahmen dar, den der Vorstand zum Beispiel bei Ratenzahlungsvereinbarungen mit Mitgliedern / Vertragspartnern einhalten muss. Bei der Einführung der Regelung machte diese auch noch Sinn, da Genossenschaften anfänglich nur mit einer beschränkten oder unbeschränkten Nachschusspflicht der Mitglieder gegründet werden konnten. Mittlerweile gibt es aber die Möglichkeit, dass Genossenschaften die Nachschusspflicht für die Mitglieder vollständig ausschliessen können – dann ist ein Beschluss der Generalversammlung über die Kreditbeschränkungen nach Ansicht des ZdK aber nicht zwingend erforderlich.
Verlesung des Umwandlungsgutachtens
Wenn eine Genossenschaft einen Beschluss über eine Umwandlung fassen möchte (z.B. über eine Spaltung, Verschmelzung oder einen Formwechsel), so hat der genossenschaftliche Prüfungsverband zuvor ein Gutachten zu erstellen, das sich (insbesondere) mit den Folgen für die Mitglieder beschäftigt. Bei der Generalversammlung ist dann das gesamte Gutachten zu verlesen. Der ZdK hält eine komplette Verlesung nicht für sinnvoll, sondern schlägt die Verlesung des „zusammengefassten Ergebnisses“ für völlig ausreichend. So wird auch schon bei der regelmäßigen Prüfung der Genossenschaft verfahren.
Die Stellungnahme des ZdK kann hier eingesehen werden: