Das Bundesminsterium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ veröffentlicht. Mit diesem Entwurf sollen drei Ziele umgesetzt werden:
- die im Koalitionsvertrag angekündigte „geeignete Rechtsform für unternehmerische Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagegement“ soll eingeführt werden,
- die im Koalitionsvertrag angekündigten Mitgliederdarlehen für Genossenschaften sollen eingeführt werden und
- das Genossenschaftsgesetz soll punktuell reformiert werden, damit Genossenschaften von bürokratischem Aufwand befreit werden.
Wir begrüßen diesen Entwurf ausdrücklich, denn damit werden mehrere wichtige Vorhaben angegeangen, für die sich unser Verband schon seit sehr langer Zeit einsetzt.
Im wesentlichen sieht der Entwurf folgende Regelungen vor
1. Die Reform des wirtschaftlichen Vereins
Für kleine unternehmerischen Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement soll der wirtschaftliche Verein im BGB geöffnet werden. Dazu soll das BMJV berechtigt werden durch Rechtsverordnung zu regeln, in welchen Bereichen wirtschaftliche Vereine zu welchen Rahmenbedingungen zulässig sind. Wir sind zwar weiterhin der Ansicht, dass eine Regelung im Genossenschaftsgesetz die bessere Alternative gewesen wäre, sehen den Vorschlag des BMJV allerdings als einen guten Kompromiss an, den wir mittragen.
2. Mitgliederdarlehen
Seit langer Zeit erkennt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei Genossenschaften „zweckbefristete Mitgliederdarlehen bei Genossenschaften“ an. Diese verstoßen nicht gegen das Kreditwesengesetz (KWG), haben aber den Nachteil, dass die Abgrenzung von der „Zweckbefristung“ zum (verbotenen) dauerhaften „Betriebsmittelkredit“ nicht klar definiert war. Wenn die Genossenschaften über den vereinbarten Zweck hinaus die Darlehen der Mitglieder behalten, dann stuft die BaFin dieses als Einalgengeschäft ein. Hier würde dann nur eine Nachrangvereinbarung helfen, damit kein Verstoß gegen das KWG vorliegt. Um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden sind Genossenschaften in aller Regel dazu übergegangen direkt Nachrangdarlehen abzuschließen. Daher erhoffen wir uns nun mehr Rechtssicherheit. Unserer Ansicht nach muss an dieser Stelle aber noch nachgebessert werden, da zentrale Fragen nicht beantwortet sind. Auch sind die Rahmenbedingungen (Zinsen, Widerrufsrecht) unseres Erachtens noch nicht angemssen ausgestaltet.
3. Entbürokratisierung
Der Reformentwurf enthält eine Reihe von Vorschlägen, damit die Genossenschaften entlastet werden. Insbesondere soll dies durch eine stärkere Verwednung von E-Mail und Internet erfolgen:
- Erleichterungen bei der Einberufung der Generalversammlung,
- Klarstellung beim Ausschluss des Stimmrechts von Investierenden Mitgliedern,
- Erleichterung bei der Übergabe der Satzung bei der Mitgliederwerbung,
- Erleichterung bei der Führung der Mitgliederlsite,
- Verbesserung der Haftungsregelungen, inbesonders für im wesentlichen unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder,
- Erleichterungen bei der Wahl zur Vertreterversammlung (Auslegung der Listen, Kontaktaufnahme zum Vertreter per Mail),
- Erleichterungen bei der Jahresabschlussprüfung,
- Einführung einer vereinfachten Prüfung für Kleinstgenossenschaften,
- Prüfung des Förderzwecks durch den Prüfungsverband (Berechtigung des Prüfungsverbandes bei Verstößen gegen das KAGB dies der BaFin mitzuteilen),
- Abschaffung der Prüfungsbescheinigung, die beim Registergericht einzureichen ist und
- Klarstellung, dass über den Prüfungsbericht der Genossenschaft „nur“ zu beraten ist.
Wir sind mit den meisten Punkten einverstanden. Bei einer Reihe von Vorschlägen haben wir allerdings Bedenken:
- Die Einladung zur Generalversammlung über den (elektronischen) Bundesanzeiger oder das Internet lehnen wir bei Genossenschaften mit Verbrauchern als Mitglieder ab, da diese andernfalls alle 14 Tage in diese Medien nach Einladungen schauen müssten.
- Bei den Erleichterungen zur Führung der Mitgliederliste sehen wir Veränderungsbedarf (Adressen müssen weiter einsehbar bleiben und Zahl der Geschäftsanteile muss eindeutig belegbar sein).
- Die Veränderung der Größenordnung bei der Jahresabschlussprüfung fällt unseres Erachtens sehr moderat aus, hier hätten wir uns eine größere Veränderung gewünscht.
- Die Berechtigung der Weitergabe von Hinweisen auf Verstöße gegen das KAGB an die BaFin sehen wir kritisch. Die genossenschaftliche Prüfung ist als „Betreuungsprüfung“ von einem Vertrauensverhältnis geprägt. Dieses soll nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Prüfungsverband der verlängerte Arm der BaFin wird.
4. Weitere Vorschläge
Wir schlagen weitere Änderungen vor, die Genossenschaften helfen können, Aufwand zu reduzieren:
- Einführung einer „Gründungsprüfungsbescheinigung“, damit das gesamte Gründungsprüfungsgutachten nicht beim Registergericht eingereicht werden muss.
- Reduzierung des Anwendungsbereichs von § 49 GenG auf Genossenschaften mit einer Nachschusspflicht.
- Reduzierung des Aufwands bei Prüfungsgutachten im Rahmen von Umwandlungen (Verlesung eines zusammengefassten Ergebnisses, nicht des gesamten Gutachtens).
Unsere gesamte Stellungnahme können Sie hier einsehen:
Hier finden Sie den Refentenetwurf des BMJV: