Bereits am 22.09.2010 reichte der ZdK zusammen mit dem Deutschen Landfrauenverband e.V., dem Weltladen-Dachverband e.V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Lebensmittelkooperativen e.V. beim Deutschen Bundestag eine Petition mit der Bitte ein, den wirtschaftlichen Verein in § 22 BGB als Rechtsform für Kleinstunternehmen wie Dorfläden und Weltläden zugänglich zu machen und das Genehmigungsverfahren abzuschaffen oder so zu gestalten, dass es für ehrenamtliche Initiativen handhabbar wird.
Hintergrund der Petition waren die für Gründer anderer Gesellschaftsformen bestehenden rechtlichen Hürden bezüglich Haftung und Kostenaufwand. Der wirtschaftliche Verein bot sich theoretisch als gangbare Alternative an, wurde in der Praxis aber bisher durch eine allzu zurückhaltende behördliche Handhabung der Verleihungskompetenz blockiert.
Die unterschiedliche Genehmigungspraxis hat der ZdK in einer Broschüre zum „wirtschaftlichen Verein“ ausführlich dargestellt.
Nach nunmehr knapp 5 Jahren hat der Petitionsausschuss des Deutsche Bundestages die Petition am 02.07.2015 abschließend beraten und beschlossen, sie der Bundesregierung als Material zu überweisen, den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben und den Landesvolksvertretungen zuzuleiten.
Die Abschlussbegründung des Peteitionsausschusses können Sie auf der Internetseite des Bundestages nachlesen:
Ebenfalls auf der Internetseite des Bundestages können Sie die Petition, samt Begründung und Online-Diskussion nachlesen:
Der Petitionsausschuss kommt in seiner Begründung zu folgenden Kernaussagen:
Würde das Genehmigungsverfahren abgeschafft werden, müsste es durch ein Registrierungsverfahren ersetzt werden, das genauso streng sein müsse, wie das für Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, um eine Umgehung zu verhindern.
Die Petition wurde insbesondere dafür eingereicht, dass eine Rechtsform geschaffen werden sollte, die es Menschen gemeinsam ermöglicht in einem kleineren Umfang gemeinsam zu wirtschaften. Für diese Initiativen sind nach Ansicht der Organisationen, die die Petition unterstützt haben, die Anforderungen, die an Kapitalgesellschaften (Mindestkapital) und Genossenschaften (Pflichtmitgliedschaft und Pflichtprüfung) gestellt werden, zu hoch. Daher ging es gerade um einen einfachen Zugang zu einer geeigneten Rechtsform. Für den Bereich der GmbH ist dieses ja auch erkannt worden und mit der Einführung der Unternehmergesllschaft (haftungsbeschränkt) gehandelt worden, in dem Bereich der gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Betätigung ist eine Alternative dagegen noch nicht geschaffen worden. Darauf geht die Begründung der Petition leider nicht ein.
Die Rechtsform des eingetragenen Vereins ist nicht auf wirtschaftliche Betätigung ausgerichtet, das Vereinsrecht ist auf den Idealverein zugeschnitten, für die wirtschaftliche Betätigung gibt es andere Rechtsformen, die einen auf die wirtschaftliche Betätigung abgestimmten Gläubiger- und Mitgliederschutz beinhalten.
Die Begründung des Petitionsausschusses setzt sich leider nicht mit der Frage der Reichweite des „Nebenzweckprivilegs“ bei dem eingetragenen Verein auseinander. In der Vergangenheit ist das Registerverfahren zum eingetragenen Verein eher lax gehandhabt worden. Mittlerweile sind die Registergerichte in diesem Punkt kritischer geworden (auch bei Bestandsvereinen).
Der Gläubiger- und Mitgliederschutz ist in anderen (wirtschaftlich tätigen) Rechtsformen wie folgt ausgestaltet:
- persönliche Haftung (Personengesellschaften),
- Mindestkapital (Kapitalgesellschaften),
- Prüfungspflichten (Genossenschaft) und
- warnende Firmierung (Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)).
Gerade durch die Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) müssen Vertragspartner genau hinschauen, mit wem sie Geschäfte machen. Wer mit einer UG (haftungsbeschränkt) oder einem Verein (sei es Idealverein oder wirtschaftlicher Verein) Verträge schließt, dem ist klar, dass hier andere Haftungsregelungen gelten, wie bei der Kapitalgesellschaft. Darüber hinaus wurde die Petition eingereicht für Initiativen mit geringer wirtschaftlicher Betätigung (Grenzen der Buchführungspflicht nach § 141 AO) und setzt sich für eine der Wirtschaftskraft angemessenen Mitglieder- und Gläubigerschutz ein. Darauf geht die Begründung leider nicht ein.
Der wirtschaftliche Verein ist eine subsidiäre Rechtsform, eine genauere Bestimmung der „Subsidarität“ ist nicht möglich, die Entscheidung über die Zulässigkeit erfolgt in einer Einzelfallprüfung, die Genehmigung hängt von der Unzumutbarkeit anderer Rechtsformen ab.
Der Petitionsausschuss lehnt damit eine der Kernforderungen nach einer rechtssicheren Definition für den Zugang zum wirtschaftlichen Verein ab. Damit bleibt die Genehmigungspraxis weiterhin vollkommen unterschiedlich ausgestaltet: Während (landwirtschaftliche) Erzeugergemeinschaften und Forstbetriebsgemeinschaften ohne weitere Einzelfallprüfung in großer Zahl zugelassen werden (darauf hat der ZdK schon 2010 in der Sondernummer 1-2010 auf Seite 4 hingewiesen), wird anderen Initiativen (häufig pauschal, also ohne Einzelfallprüfung) der Zugang verweigert. Der Petitionsausschuss deutet an, dass die höheren Kosten ein Grund sein könnten, aber auch dass eben die Mitgliederstruktur und der Tätigkeitsumfang eine andere Rechtsform als zumutbar erscheinen lassen. Aus unserer Sicht wäre es möglich die Tatbestandsmerkmale der Unzumutbarkeit anderer Rechtsformen genauer zu definieren. Wenn neben einer Generalklausel auch Fallbeispiele genannt werden, bei deren Vorliegen eine Unzumutbarkeit „insbesondere“ vorliegt, dann würde damit den zuständigen Verwaltungen eine Möglichkeit gegeben das umzusetzen, was der Universitätsprofessor Karsten Schmidt schon 1979 einforderte: ein Ende der Willkür und Ungleichbehandlung.
Fazit
Der Petitionsausschuss sieht im Vereinsrecht (sowohl beim eingetragenen Verein, wie auch beim wirtschaftlichen Verein) keine Möglichkeit durch ein gesetzgeberisches Handeln Erleichterungen für kleine Initiativen zu schaffen, die gemeinschaftlich wirtschaften wollen. Solange es keine geeignete Rechtsform für Kleinstinitiativen gibt (ausgehend von der Prämisse, dass die eingetragene Genossenschaft für diese Initiativen nicht passt), müssen andere Alternativen als „Ausweg“. So werden wirtschaftliche Initiativen in eine für sie nicht passende Rechtsform gedrängt, sei es die GmbH / UG (haftungsbeschränkt), die nicht für gemeinschaftliche Organisationen passt, weil sie keinen einfachen Mitgliederwechsel ermöglichen, oder den e.V., der eben nicht für wirtschaftliche Zwecke zugelassen ist. Dieser Umstand ist aus unserer Sicht nicht haltbar.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist verabredet worden, dass „eine geeignete Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht geschaffen werden soll“. Dieses muss nun (auch nachdem nun die Studie des BMWi zu dem Hemmnissen und Potenzialen der Genossenschaft vorliegt) in Angriff genommen werden. Der Petitionsausschuss gibt den Fraktionen im Deutschen Bundestag mit seiner Abschlussbegründung einen deutlichen Hinweis, dass die Antwort eher im Genossenschaftsrecht zu finden ist.