Am 23. April 2015 hat der Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen DIE LINKE und Bündnis 90 / Die Grünen das Kleinanlegerschutzgesetz beschlossen. Angenommen worden ist das Gesetz mit einer Reihe von Änderungen, die der Finanzausschusses am Vortag, also am 22. April 2015, beschlossen hat. Nun muss dieses Gesetz noch in zweiter Lesung durch den Bundesrat behandelt werden, bevor es dann endgültig veröffentlicht wird und in Kraft tritt.
Der ZdK begrüßt ausdrücklich, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch einige Punkte nachgebessert worden sind. Auch wenn wir uns nicht mit allen Forderungen haben durchsetzen können, ist das Ergebnis ein guter Kompromiss zwischen dem Anlegerschutz und den Interessen von Genossenschaften und kleinen Unternehmen im Bereich der solidarischen Ökonomie.
Durch das Gesetz kommen auf Genossenschaften eine Reihe von Änderungen zu:
- Für Mitgliedschaften in Genossenschaften und für die Beteiligung mit Genossenschaftsanteilen müssen auch weiterhin keine Prospekte aufgelegt werden, allerdings nur, wenn für die Mitgliedschaft und die Anteile ohne Provisionen geworben wird,
- die Genossenschaften können von ihren Mitgliedern ohne einen Prospekt Mitgliederdarlehen aufnehmen, allerdings muss die Genossenschaft den Mitgliedern vor Vertragsschluss die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage zur Verfügung stellen,
- die Genossenschaften können bei der Werbung um neue Mitglieder darauf hinweisen, dass ein Finanzierungsbaustein Mitgliederdarlehen sind; es darf aber nicht gleichzeitig Mitgliedschaft und Mitgliederdarlehen beworben werden, sondern ein zwei-stufiges Verfahren eingehalten werden: Erst Mitgliedschaft, danach Information und Darlehensvertrag.
Nichtmitgliederdarlehen bleiben im Rahmen der Bagatellgrenze für alle Genossenschaften weiterhin möglich. Das betrifft Nichtmitgliederdarlehen in Höhe von insgesamt 100.000,00 € pro Jahr oder (bei Überschreitung dieser Grenze) maximal 20 einzelne Mitgliederdarlehen.
Wichtig: Auch weiterhin muss bei den Darlehen das Kreditwesengesetz beachtet werden. Nichtmitgliederdarlehen dürfen nur als Nachrangdarlehen aufgenommen werden. Bei Mitgliederdarlehen gibt es (neben den Nachrangdarlehen) noch die Möglichkeit von zweckbefristeten Mitgliederdarlehen.
Das Gesetz sieht darüber hinaus Erleichterungen für soziale und gemeinnützige Projekte vor.
Für die sozialen Projekte gilt insbesondere:
- Sie müssen ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen,
- bei der Werbung einen Warnhinweis beachten,
- die „Anleger“ bekommen ein 14-tägiges Widerrufsrecht,
- sie müssen einen handelsrechtlichen Jahresabschluss aufstellen und diesen sechs (!) Monate nach Schluss des Geschäftsjahres offenlegen,
- die Verzinsung darf maximal 1,5% betragen,
- die Befreiung gilt bis zu einer Gesamtanlage von 2,5 Mio. €,
- die Bilanzsumme darf höchstens 10 Mio. € betragen und die Umsatzerlöse dürfen ebenfalls maximal 10 Mio. € betragen.
Wie die „sozialen Projekte“ definiert werden, ist noch nicht klar. Nach der Regierungsbegründung können hier auch gemeinschaftliche Wohnprojekte mit umfasst sein. Der Finanzausschuss des Bundestages hat sich für eine weite Auslegung ausgesprochen, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass auch Dorfläden unter diese Regelung fallen.
Für gemeinnützige Körperschaften gibt es noch weitergehende Befreiungen:
- Sie brauchen kein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen,
- sie brauchen keinen Jahresabschluss aufstellen, bei einer Gesamtanlage von bis zu 250 T€,
- es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich der Bilanzsumme und der Umsatzerlöse.
Da diese Regelung ausdrücklich „rechtsformneutral“ gestaltet wurde, gilt sie auch für alle Genossenschaften, die als gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung anerkannt sind.
Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) wurde nicht noch einmal geändert. Allerdings hat der Finanzausschuss deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die derzeitige Rechtsauffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) teilt:
Der Finanzausschuss hat sich erneut mit der Anwendung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) auf Genossenschaften befasst und seine Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass Genossenschaften grundsätzlich keine Investmentvermögen seien. Der Finanzausschuss begrüßt daher ausdrücklich, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dies nun in ihrer Verwaltungspraxis entsprechend berücksichtige. Diese sehe vor, dass die zwingende, im Genossenschaftsgesetz verankerte Ausrichtung einer Genossenschaft auf einen besonderen Förderzweck eine im Vordergrund stehende, fondstypische reine Gewinnerzielungsabsicht ausschließe. Bei wertender Gesamtschau verfolge eine Genossenschaft nach der Auslegung der BaFin regelmäßig keine festgelegte Anlagestrategie, sodass kein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB vorliege. Satzungsregelungen, die es einer Genossenschaft erlauben würden, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen, seien daher in diesem Zusammenhang unbedenklich. Dies gelte auch für sogenannte Bürgerenergieprojekte.
Wir werden unsere Mitglieder über weitere Details der Neuregelungen informieren, wenn wir das Gesetz gründlich ausgewertet haben.
Weitere Informationen über das Kleinanlegerschutzgesetz
Der Bundestag berichtet über den Beschluss des Kleinanlegerschutzgesetzes:
Die Schlussdebatte über das Kleinanlegerschutzgesetz können Sie hier ansehen:
(Quelle: Deutscher Bundestag)
Den verabschiedeten Gesetzestext können Sie hier nachlesen:
Auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz können Sie das VermAnlG in der jeweils aktuell gültigen Fassung einsehen und als pdf herunterladen: