Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn. Dieser gilt für alle Unternehmen, daher auch für eingetragene Genossenschaften.
Kurz und Bündig: Was, Wann, Wer
- Mindestlohn: EUR 8,50 brutto je Zeitstunde
- für alle im Inland beschäftigten Arbeitnehmer
- nicht durch Vereinbarung ausschließbar
- Verstoß ist Ordnungswidrigkeit (Bußgeld)
Anspruchsberechtigte
Das MiLoG regelt die Ansprüche von Arbeitnehmern. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Ausschlaggebend ist dabei, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung im Inland erbringt.
Ausnahmen vom Mindestlohn
Folgende Personengruppen haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn:
- Minderjährige (jünger als 18 Jahre) ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Personen in der Berufsausbildung
- ehrenamtlich tätige Personen
- Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung
Die ehrenamtliche Tätigkeit unterscheidet sich von einem Arbeitsverhältnis durch das Fehlen einer Erwerbsabsicht.
Bei gemeinnützigen Genossenschaften betrifft die ehrenamtliche Tätigkeit einerseits unentgeltliche Arbeiten und andererseits Tätigkeiten, für die eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG gezahlt wird, so dass die Aufwandsentschädigung unseres Erachtens nicht dem Mindestlohn entsprechen muss.
Bei nicht gemeinnützigen Genossenschaften liegt unseres Erachtens eine ehrenamtliche Tätigkeit nur bei einer Unentgeltlichkeit vor (Auftragsverhältnis). Wird von nicht gemeinnützigen Genossenschaften eine „Aufwandsentschädigung“ gezahlt (also für den Zeitaufwand, nicht zu verwechseln mit dem Auslagenersatz), dann muss unseres Erachtens der Mindestlohn gezahlt werden.
Langzeitarbeitslose sind Arbeitslose, die ein Jahr und länger arbeitslos sind.
Für Praktikanten gelten ebenfalls Ausnahmen vom Mindestlohngebot. Praktikanten sind Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung handelt. Sie haben den gleichen Anspruch auf den Mindestlohn, außer es handelt sich um folgende Praktika:
- Pflichtpraktika auf Grund schulrechtlicher Bestimmungen, Ausbildungsordnungen, hochschulrechtlicher Bestimmungen oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie,
- Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums,
- Praktika von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat,
- Praktika als Einstiegsqualifizierung oder als Berufsausbildungsvorbereitung
Beschäftigte, die nicht Arbeitnehmer sind, wie z.B. Vorstände haben ebenfalls keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
Zusammensetzung des Mindestlohnes
Zum Mindestlohn gehören neben dem Basisstundenlohn alle Zahlungen des Arbeitgebers, die unmittelbar als Vergütung für die geleistete Arbeit zu betrachten sind und nicht das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung verändern. Für geldwerte Leistungen, wie Zuschüsse zur Verköstigung oder zu den Kosten des ÖPNV, hat es der Gesetzgeber offen gelassen, ob sie Bestandteil des Mindestlohnes sind. Insoweit bleibt die Auslegung der Rechtsprechung abzuwarten.
Nicht Bestandteile des Mindestlohns sind nach Auffassung des Gesetzgebers
- jährlich gezahlte Vergütungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld,
- Aufwendungsersatzleistungen,
- vermögenswirksame Leistungen,
- Sonn- und Feiertagszulagen,
- Nacht- und Schichtzulagen,
- Mehrarbeitszulagen
- Schmutz- oder Gefahrenzulagen
- Akkord- und Qualitätszulagen
Fälligkeit des Mindestlohnes
Die Fälligkeit des Mindestlohns richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. Enthält der Arbeitsvertrag keine Regelung zur Fälligkeit, so hat die Zahlung spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu erfolgen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Auf Arbeitszeitkonten erfasste, über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehende geleistete Arbeit ist spätestens zwölf Monate nach ihrer Erfassung durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohnes zu vergüten.
Vertraglicher Ausschluss des Mindestlohnes?
Vereinbarungen, die eine Unterschreitung des Mindestlohnes zur Folge hätten, sind unwirksam. Auch ein Verzicht ist nur im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs möglich.
Schadensersatz neben dem Mindestlohnanspruch
Die Nichtzahlung des Mindestlohnes löst, wie in jedem anderen Fall der Nichterbringung vertraglicher Verpflichtungen, Schadensersatzansprüche aus, die über die reine Erbringung der Leistung hinausgehen. Hierzu gehören unter anderem Verzugszinsen, Kosten der Rechtsdurchsetzung und Sollzinsen.
Verjährung und Verwirkung
Der Mindestlohnanspruch unterliegt der dreijährigen Regelverjährung. Er unterliegt keinen arbeitsvertraglichen Verwirkungsregelungen.
Dokumentationspflicht
Der Arbeitgeber hat den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Die diese Aufzeichnungen sind binnen einer Woche nach Beginn der Arbeiten anzufertigen und mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Diese Dokumentationspflicht gilt ausschließlich für
- Geringfügig Beschäftigte (Minijobber bis EUR 450,00) und kurzfristig Beschäftigte
jedoch nicht für Beschäftigte in Privathaushalten - Beschäftigte in den folgenden Wirtschaftsbereichen
- Baugewerbe,
- Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
- Personenbeförderungsgewerbe,
- Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
- Schaustellergewerbe,
- Unternehmen der Forstwirtschaft,
- Gebäudereinigungsgewerbe,
- Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
- Fleischwirtschaft
Für Arbeitnehmer, die ausschließlich mobil tätig sind, keinen Vorgaben zu Beginn und Ende ihrer Tätigkeit unterliegen und sich ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen gibt es Erleichterungen bezüglich der Aufzeichnungspflicht. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von mehr als EUR 2.958,00.
Bußgeldrisiko
Der Arbeitgeber kann bei Nichtzahlung des Mindestlohnes mit einem Bußgeld bis zu EUR 500.000 belegt werden.
Internetseite des BMAS zum Mindestlohn
Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an uns wenden.
Uwe Schurig
Rechtsanwalt
schurig@zdk.coop