Das deutsche Genossenschaftsrecht ist stark geprägt von Hermann Schulze-Delitzsch. Um die verschiedenen zum Teil sehr besonderen Regelungen des Genossenschaftsgesetzes verstehen und einordnen zu können, ist es wichtig sich mit den Grundgedanken von Hermann Schulze-Delitzsch auseinander zu setzen.
Das Fundament von Schulze-Delitzsch’ Genossenschaftskonzeptes bildete die Überzeugung, dass die gebündelten Kräfte insbesondere der kleinen Leute in einem Kollektiv mehr leisten könnten, als der einzelne Mensch für sich. Die Zusammenfassung der Kräfte erreicht nicht nur deren Addition, sondern schafft eine neue, für die Betreffenden sonst unerreichbare Qualität.
„‚Mehrere kleine Kräfte vereint bilden eine große, und was man nicht allein durchsetzen kann, dazu soll man sich mit anderen verbinden’, dies der einfache, uralte Satz, auf welchem sie beruht, dessen Anwendung wir, seitdem es eine Geschichte gibt, überall, wo Menschen auftreten, eine Menge der großartigsten Schöpfungen verdanken… Denn das, woran es den einzelnen unter ihnen, wie wir sagen, hierzu gebricht, das erforderliche Maß an Intelligenz und Kapital, wird durch ihren Zusammentritt zu einer eng verbündeten Gesamtheit alsbald ergänzt.“
Schulze-Delitzsch’ Konzept war das der gemeinschaftlichen Selbsthilfe, wie es in dem uraltem Wort „Einer für alle – alle für einen“ zum Ausdruck kommt. Dabei ist das „Alle für einen“ ohne weiteres einleuchtend. Das Kollektiv hilft dem Einen, Resultate zu erzielen, die dieser alleine nicht schaffen könnte. Aber auch die erste Hälfte: „Einer für alle“ war durchaus ernst gemeint. Denn die Stärke des Kollektivs rührte in der Vorstellung SchulzeDelitzsch’ gerade daher, dass jedes seiner Mitglieder mit seinem gesamten Vermögen für alle einstehen musste. Dies war ein Punkt von SchulzeDelitzsch’ Genossenschaftskonzept, den er sehr lange hochgehalten hat, den er jedoch im Zuge der Entstehung großer und unübersichtlicher Genossenschaftsgebilde dann zurücknehmen musste.